Harry Hahn berichtet

Wir konnten über 100 Brillen ausmessen und verteilen. Das war überwältigend, besonders die Dankbarkeit und Freude der Leute, die geduldig 2-3 Stunden warteten.

Eine besondere Genozidgedenkstätte: Hier auf einem Berggipfel hatten die französischen Soldaten am 27.6.1994 die noch übriggebliebenen Tutsi zusammengerufen, um sie dort angeblich besser verteidigen zu können. Sie sind dazu mit Lautsprechern durch die umliegenden Dörfer gefahren und die Leute hatten wieder Hoffnung auf Sicherheit vor den Mördermilizen der Hutu geschöpft. Als sich ca. 5000 Menschen auf den Berggipfel geflüchtet hatten, verabschiedeten sich die Franzosen für 3 Tage, wohlwissend, dass sich die Hutumilizen im Gebüsch versteckt hielten. Alle 5000 Tutsi fanden den Tod, waren sie jetzt eine besonders leichte Beute. Für unsere Gastgeber besteht der Skandal vor allem darin, dass Frankreich bis heute mit einer offiziellen Entschuldigung auf sich warten lässt. Wie wichtig wäre dies für Ruanda. Und so bedanken sie sich bei jedem ausländischen Besucher wie uns für die Beachtung und Wertschätzung durch den Besuch.

Schon mal eine Ananas gepflückt? Wir schon. Hier werden Ananas angebaut, und zwar handelt es sich dabei um ein offizielles staatliches Projekt, eine Initiative, in der Opfer und Täter gemeinsam zusammen arbeiten und leben sollen. Nur so hat Ruanda eine Chance. Das Besondere daran: Der Staat kommt auf die Christen (z.B. auf die Organisation „good news“) zu und bittet sie um Unterstützung. Wie soll all das Leid, das Unrecht, die Traumatisierung und der Hass verarbeitet werden? Wer kann wieder Vertrauen, Lebensmotivation, Frieden bringen? Ihre Botschaft lautet: Die einzige Chance für Ruanda ist Vergebung. Aber wie? Zunächst all die offenen Fragen an Gott, wie kannst du das zulassen? All die berechtigten Anklagen. Wir hören, dass Vergebung doch möglich ist und zwar durch eine eigene Erfahrung. Eine Erfahrung der Liebe Gottes im eigenen Herzen, sonst geht nichts. Ein Modell für unsere Konflikte? Tatsache ist, das wir nach der Besichtigung der Plantage mit tanzenden, fröhlich singenden Ruandern (Opfer und Täter gemeinsam!) zusammen waren. Sie haben für mich echte Freude ausgestrahlt. Eine offensichtliche Veränderung vom Trauma zu neuer Lebensfreude, die uns alle angesteckt hat. Wir sind jetzt endgültig in Afrika angekommen.

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